Die Vereinsgeschichte der Fechtabteilung
1930- 1945
Die Damenfechterinnen Frl. Ostermann, Frl. Boedecker und Frl. Krymeier sowie die Herrenfechter Wächter, Ostermann, Mues und Meschede bestanden bereits ein Jahr nach Gründung der Abteilung die Fechtprüfung. Im gleichen Jahr gelang es der jungen Fechtabteilung, nach- dem sie sich in der Turnierklasse II sehr gut platziert hatte, bei der westfälischen Meisterschaft hervorragend abzuschneiden und bis in die westfälische Sonderklasse vorzudringen.
Es wurde auch das Säbelfechten in das Trainingsprogramm aufgenommen. Erfolgreichster Fechter in den nachfolgenden Jahren war Josef Wächter, der neben vielen ersten Siegen in der Klasse I viermal hintereinander die westfälische Sonderklasse erreichte.
Den größten Vorkriegserfolg brachte das Jahr 1934. Beim Landesturnfest in Minden gelang es Walter Meschede Westfalenmeister im Degenfechten zu werden. In den folgenden Jahren reifte in der Paderstadt eine Fechtabteilung heran, die zu den stärksten Westfalens zählte. Zu diesem Aufschwung trugen auch viele Gastfechter aus dem damals hier stationierten 15. Reiterregiment und der italienische Fechtmeister Akomando bei.
Die Leitung der Fechtabteilung des TV „Jahn“ wurde von Josef Wächter übernommen. Während des zweiten Weltkrieges ruhte der Fechtsport vollständig. Auch nach dem Krieg konnte zunächst nicht wieder an die Ausübung des Fechtsports gedacht werden, weil die Siegermächte das Fechten als Sport mit „Waffen“ verboten hatten.
1946- 1960
Nachdem die damaligen Besatzungsmächte ihre Erlaubnis zur Wiederausübung des Fechtsports gaben, fanden sich im durch die Fusion der beiden traditionsreichen Paderborner Turnvereine „Jahn“ und „Germania“ entstandenen Turnverein 1875 die alten Getreuen des Fechtsports, die aus Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrt waren, wieder zusammen und nahmen den Fechtbetrieb auf.
Nach intensiver Aufbauarbeit gelang es dem mit der Abteilungsleitung betrauten Josef Wächter schon im Frühjahr wieder mit einer Turniermannschaft an die Öffentlichkeit zu treten. Zunächst in Freundschaftsturnieren im ostwestfälischen Raum, dann bei den Turnieren der Klasse II sammelte die junge Mannschaft ihre ersten Turniererfahrungen.
Schon bald schälten sich aus diesen jungen Fechtern zwei Idealisten, Gerd Fenzl und Theo Rolf, heraus, die mit viel Begeisterung in Zusammenarbeit mit Abteilungsleiter Wächter durch groß angelegte Werbungen und pausenlosen Einsatz an den Trainingsabenden dem Fechtsport seinen alten Platz im Sportleben der Stadt Paderborn zurückeroberten. In dieser Zeit kamen auch wieder die ersten Damen in die Paderborner TV Fechtabteilung. Besonders dem aktiven Einsatz von Gerd Fenzl, der sich mit Leidenschaft für den Fechtsport einsetzte, verdankt die Fechtabteilung des TV ihren schnellen Aufschwung. Aus dem Kreis der neuen Mitglieder kamen schon bald die Fechterinnen und Fechter, die den TV 1875 bei den Gau- und Westfalenmeisterschaften hervorragend vertraten. Besonders Dietmar Wächter, Gerhard Peters und Konrad Reinstädler traten bei Turnieren immer mehr in den Vordergrund. Gerhard Peters war 1954 und 1955 Mitglied der westfälischen Landessonderklasse.
Konrad Reinstädler wurde Juniorenmeister der Gaugruppe Westfalen-Mitte und erreichte ebenfalls die westfälische Sonderklasse. Im gleichen Jahr stieß auch Dietmar Wächter im Degenfechten bis in die Sonderklasse vor. Neben diesen Meisterschaften verließen Wächter, Peters und Reinstädler oftmals als 1. Sieger die Fechtbahn bei den Kämpfen der Turnierklasse II und I sowie bei vielen Pokal- und inoffiziellen Einladungsturnieren.
Bei der deutschen DJK-Bundesmeisterschaft wurde Dietmar Wächter deutscher DJK-Meister im Florett- und dritter Sieger im Degenfechten. Konrad Reinstädler kam auf Platz zwei der deutschen DJK-Meisterschaft. Auf den Gauturnfesten des ostwestfälischen Turngaues belegte Konrad Reinstädler in den Jahren 1958 bis 1962 fünfmal hintereinander den 1. Platz im Herrenflorett und war somit in dieser Zeit ununterbrochen Gaumeister. Viele Erfolge waren auch der Fechterin Christa Rehfeld innerhalb des ostwestfälischen Turngaues beschieden.
Durch die Einführung der Wehrpflicht mußte der TV in den nächsten Jahren auf viele seiner bewährten Fechter verzichten. Um diese Lücken zu schließen, bedurfte es einer selbstlosen Arbeit der wenigen Fechter, den Leistungsbetrieb aufrecht zu erhalten. In diesen Jahren zeigte sich Konrad Reinstädler als Idealist des Fechtsports. Wie nach dem Kriege Wächter und Fenzl setzte auch er sich leidenschaftlich für den Fechtsport ein. 1959 wurde er zum Gaufechtwart des Gaues Ostwestfalen gewählt und erhielt 1961 die Ehrennadel des westfälischen Fechterbundes in Bronze. Abteilungsleiter Wächter wurde schon 1960 die Ehrennadel in Silber verliehen.
Viele Vorteile für den Fechtsport im TV brachte auch der freundschaftliche Verkehr mit den im Hochstift stationierten englischen Fechtern. Das Fechten nicht nur eine einseitige Sportart zu sein braucht, bewies Helga Schulz, die westfälische Friesenkampfmeisterin der Junioren wurde. Im gleichen Jahre gab es für den TV 1875 noch einen stolzen Erfolg. Mit der Mannschaft Bright, Eisner, Multhaupt und Reinstädler wurde der TV westfälischer Mannschaftsmeister der Klasse C und Vizemeister der Klasse B. Mit Doris Voss erreichte erstmals eine Paderborner Fechterin bei der westfälischen Juniorenmeisterschaft die Landessonderklasse.
1961- 1975
Mit Peter Eisner wuchs ein weiteres Talent im TV heran. Nachdem er schon 1960 der westfälischen Sonderklasse angehört hatte, gelang es ihm 1961, durch eine gute Leistung Westfalenmeister der Junioren im Degenfechten zu werden. Bei der deutschen Meisterschaft kam Peter Eisner auf den 8. Platz und zog als erster Fechter unserer Paderstadt in die Bundessonderklasse ein.
Das Jahr 1962 brachte einen weiteren Höhepunkt im Abteilungsleben Fechten des TV 1875. Bei der in der Paderhalle in Paderborn ausgetragenen westfälischen Florettmannschaftsmeisterschaft gelang es den Fechtern des TV mit der Mannschaft Eisner, Gelder, Reinstädler und Dietmar Wächter ungeschlagen westfälischer Mannschaftsmeister der Klasse B zu werden. Reinstädler erwies sich bei dieser Meisterschaft außerdem als stärkster Fechter mit 15 Einzelsiegen. Konrad Reinstädler mußte nach einer Sportstudienreise durch Israel infolge einer langwierigen Lebererkrankung den Leistungssport unterbrechen. Es gelang ihm, nach über einem Jahr seinen Leistungsstandard wieder zu erreichen und seinen Platz in der Mannschaft zurück zu erobern.
Die Florettmannschaft des TV 1875 wurde dritte in der Klasse A. Abteilungsleiter Josef Wächter wurde anläßlich des westfälischen Fechtertages die goldene Ehrennadel verliehen. Mit Falk Heiligers trat ein weiterer talentierter Fechter in die Mannschaft des TV. Das Degenfechten wurde in das Turnierprogramm aufgenommen. Infolge des Trainingsfleißes und mit viel Idealismus gelang es dem Degenfechterteam, schon im zweiten Jahr auch in dieser Disziplin die Landessonderklasse zu erreichen.
Nachdem die Vizemeisterschaft der Sonderklasse errungen werden konnte, gelang es den TV- Degenfechtern mit der Mannschaft Dietmar Wächter, Eisner, Reinstädler und Heiligers westfälischer Mannschaftsmeister der Sonderklasse zu werden. Nach diesem stolzen Erfolg konnte in dieser Zeit auch eine finnische Degenfechterauswahl mit 12 : 4 bezwungen werden. Die Erfolgsserie dieser Degenmannschaft endete, als Peter Eisner und Falk Heiligers aus beruflichen Gründen Paderborn verließen. Dietmar Wächter und Konrad Reinstädler konzentrierten sich nun auf die Einzelmeisterschaften im Florett- und Degenfechten. In den folgenden Jahren gehörten sie der westfälischen Sonderklasse an und damit zu den acht besten Fechtern dieser Region. Dietmar Wächter wurde Westfalenmeister im Degenfechten und gewann viele Pokale und Einladungsturniere. Höhepunkt seiner sportlichen Karriere war sein Sieg anläßlich eines Pokalturniers in Algerien. Stationen waren weitere Fechtturniere in der UdSSR und Finnland. Konrad Reinstädler gelang es in diesen Jahren, im Florettfechten elfmal den Titel eines Gaumeisters zu erringen und wiederholt den 1. Platz im Degen- und Säbelfechten zu belegen. Er nahm an den deutschen Meisterschaften und internationalen Turnieren teil.
Die Mannschaft der Florettfechter wurde in Burgsteinfurt Vize-Westfalenmeister. Leider blieben in den darauffolgenden Jahren die Bemühungen, die oft zahlreichen Nachwuchsfechter im TV 1875 an das Fechtniveau der Spitzenfechter heranzuführen, ohne Erfolg. Auch den Damen der Abteilung gelang es noch nicht, bis in die Leistungsspitze vorzustoßen.
Ein schwerer Verlust traf die Fechtabteilung des TV 1875, als Altmeister Josef Wächter, ohne den die Erfolge der Fechtabteilung wohl nicht erreicht worden wären, nach kurzer schwerer Krankheit verstarb. Josef Wächter verdankt die Fechtabteilung des TV sehr viel, war er es doch, der die Abteilung seit 1934 mit kurzer, durch den zweiten Weltkrieg bedingter Unterbrechung, leitete und dank seiner unermüdlichen Aufbauarbeit immer wieder zu Erfolgen führte. Diesen Verlust hat die Fechtabteilung des TV 1875 bis heute nicht verkraften können. Ihm gebührt ein ehrendes Gedenken in Dankbarkeit. Nach dem Ableben von Josef Wächter wurde die Abteilung zunächst von seinem Sohn Dietmar Wächter und später von dem nach Paderborn zurückgekehrten Falk Heiligers weitergeführt.
Trotz intensiven Bemühens auch durch eine eineinhalbjährige Verpflichtung des belgischen Fechtmeisters Eric Vansevenant gelang es nicht, junge Talente zur Leistungsspitze zu führen. Dietmar Wächter und Konrad Reinstädler starteten nun bevorzugt in der Seniorenklasse, die beide – altersbedingt – erreicht hatten. Beide Fechter konnten hier mit ihrem ersten Einsatz an ihre früheren Erfolge anknüpfen und wurden mehrmals Westfalenmeister der Senioren im Degen- und Florettfechten.